
München (dpa) – Der Telekommunikationskonzern Telefónica Deutschland will an der Preisschraube drehen. Die Kernpreise für Handymarken wie O2 und Blau dürften im Frühjahr um bis zu zehn Prozent steigen, sagte Firmenchef Markus Haas dem „Handelsblatt“. „Mehr Leistung zum gleichen Preis – anders als früher – geht nicht mehr.“ Als Begründung verwies der Manager auf Investitionskosten für den Netzausbau. Ein Sprecher des Unternehmens sagte, es handele sich „nicht nur um eine Preiserhöhung, sondern um mehr Fahrleistung bei fairem Aufpreis“. Kunden haben bei den Marken von O2 Telefónica weiterhin ein „sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis“.
Die Preiserhöhungen bei O2 gelten nicht für Bestandskunden, sondern für Neuverträge und Prepaid-Tarife. Als Beispiel für eine konkrete Preiserhöhung nennt der O2-Sprecher, dass Kunden im Prepaid-Tarif bis zu 60 Prozent mehr Datenvolumen und 30 Prozent mehr Geschwindigkeit für einen Euro mehr im Monat bekommen. Diese Erhöhung der Tarifleistung von Telefónica ist laut Branchenexperten wirtschaftlich nicht signifikant, da die Netzkapazitäten durch den massiven Ausbau und die Erweiterung um den Funkstandard 5G deutlich gestiegen sind. Außerdem nutzen viele Kunden das gestiegene Datenvolumen ohnehin nicht voll aus.
Wird die Konkurrenz bald nachziehen?
Ist es jetzt auch teurer bei der Konkurrenz? „Trotz fortschrittlicher Beschaffungspolitik forderten höhere Tiefbaukosten und steigende Energiepreise ihren Tribut“, sagte ein Telekom-Sprecher. “Wir halten uns bei der Festlegung unserer zukünftigen Raten alle Optionen offen.”
Ein Vodafone-Sprecher sagte, dass zukünftige Preisentwicklungen normalerweise nicht diskutiert werden. Er wies jedoch darauf hin, dass “die Preise für Telekommunikationsdienste in den letzten Jahren ständig günstiger geworden sind”.
Aus Sicht des Telekommunikationsprofessors Torsten Gerpott von der Universität Duisburg-Essen ist die Ankündigung von O2 der Beginn einer allgemeinen Preiserhöhung im Mobilfunkmarkt. „Es ist ein oligopolistischer Markt mit schwacher Konkurrenz: Wenige Anbieter schauen aufeinander und beeinflussen sich gegenseitig.“
Kaum Preiserhöhungen in der jüngeren Vergangenheit
Mit O2 setzt ein Unternehmen einen Trend, dem andere Netzbetreiber folgen dürften. Aus wirtschaftlicher Sicht ist die Entscheidung nachvollziehbar, schließlich sind Strom und Bauarbeiten sehr teuer geworden. “Telekomunternehmen wären schlecht beraten, trotz dieser Mehrkosten bei ihren bisherigen Preisen zu bleiben.”
In den vergangenen Jahren habe es im Mobilfunk nur wenige Preiserhöhungen gegeben, „die meist teilweise durch die Verbesserung der Inklusivleistungen kompensiert wurden“, sagt Verena Bloche vom Vergleichsportal Verivox. Das ist wohl schon vorbei.
Anders als die drei etablierten Netzbetreiber hat Telekom-Anbieter 1&1 ein klares Nein zu teureren Tarifen. “Wir planen keine Preiserhöhungen bei den Mobilfunktarifen”, sagte eine Unternehmenssprecherin. 1&1 hat derzeit kein eigenes Netz für mobile Handynutzer, baut aber gerade eines auf und will es im Herbst starten. Bisher hat 1&1 hauptsächlich das Mobilfunknetz von O2 genutzt und die Miete bezahlt.
Verteidiger enttäuschter Verbraucher
Verbraucherschützer reagieren enttäuscht auf die Ankündigung von O2. „Für Verbraucher ist es erschreckend, dass in Zeiten allgemein hoher Preise Handytarife schnell teurer werden“, sagt Felix Flosbach von der Verbraucherzentrale NRW. Sie fordert Verbraucher auf, vor Vertragsabschluss unterschiedliche Tarife verschiedener Anbieter zu vergleichen. “Lohnt es sich.” Verbraucher sollten keine Angst haben, den Anbieter zu wechseln. “Die Portierung Ihrer Rufnummer ist einfach und kostenlos und Ihr Anschluss kann durch diese Änderung nur bis zu einem Tag unterbrochen werden.”
Manuel Siekmann vom Vergleichsportal Check24 sagt, dass neben den Netzbetreibern „viele weitere Mobilfunkanbieter attraktive Preise“ für Neukunden anbieten. Je nach Nutzungsverhalten könnten Verbraucher bis zu 50 Prozent sparen.
Mobilfunkanbieter in Deutschland bauen ihr Mobilfunknetz seit einigen Jahren massiv aus und investieren Milliarden darin. Die Datenanforderungen steigen seit einiger Zeit, da die Verbraucher mehr streamen und andere datenintensive Anwendungen verwenden. Die Abdeckung hat sich verbessert, aber Funklöcher oder schlechte Verbindungen stören mancherorts immer noch.