
Die Europäische Zentralbank setzt ihre restriktive Geldpolitik in konstantem Tempo fort, auch wenn die Inflationsdynamik in der Eurozone zuletzt leicht nachgelassen hat. Währungshüter haben am Donnerstag den Leitzins um 0,5 Prozentpunkte auf drei Prozent angehoben, den höchsten Stand seit 2008. Auch die EZB hat für März eine weitere Zinserhöhung angekündigt. Mit 15.400 Punkten erreichte der Dax seinen besten Kurs seit Mitte Februar 2022. Der Euro kostete mehr als 1,10 US-Dollar – so stark war die Gemeinschaftswährung seit neun Monaten nicht mehr.
Die Notenbank vollführt einen Drahtseilakt: Einerseits will sie die Inflation durch entschiedene Zinserhöhungen niedrig halten, andererseits verhindern, dass zu hohe Leitzinsen die Wirtschaft abwürgen Bisher scheint die Strategie aufzugehen. Zu Jahresbeginn sank die Inflationsrate im Euroraum weiter auf 8,5 Prozent. Im Dezember lag die Inflation noch bei 9,2 Prozent, im November bei 10,1 Prozent.
Gleichzeitig scheint die Eurozone das Risiko einer Rezession vermieden zu haben. Der Internationale Währungsfonds (IWF) prognostiziert für dieses Jahr ein Wachstum von 0,7 %. Europa hat sich schneller als erwartet auf höhere Energiekosten eingestellt. Insgesamt erweist sich Europa angesichts der Auswirkungen des Krieges in der Ukraine laut IWF als „widerstandsfähiger als erwartet“.
Aber auch wenn die Inflationsrate sinkt, bleiben die Preise hoch und steigen weiter, was Haushalte mit niedrigem Einkommen besonders belastet. Gleichzeitig reichen die inzwischen höheren Zinsen auf Sparkonten bei weitem nicht aus, um die hohe Inflation auszugleichen. Auch die sogenannte Kerninflation, bei der volatile Preise für Energie, Lebensmittel, Alkohol und Tabak abgezogen werden, liegt mit 5,2 Prozent immer noch auf dem höchsten Stand seit Bestehen der Währungsunion.
Die EZB strebt mittelfristig eine Inflationsrate von zwei Prozent an
Die hohe zugrunde liegende Inflation schürt die Befürchtung, dass sich die steigenden Preise mittelfristig konsolidieren könnten. Die EZB strebt mittelfristig eine Inflationsrate von zwei Prozent an. Die Zentralbank selbst prognostiziert jedoch, dass die Inflationsrate im nächsten Jahr 6,3 Prozent betragen wird. Für 2024 werden 3,4 % prognostiziert.
Auch die US-Notenbank Federal Reserve hebt die Zinsen weiter an, wobei die Währungshüter am Mittwoch 0,25 Prozentpunkte hinzufügten. Es war eine viel kleinere Zinserhöhung als viele Male zuvor. Die Bank of England erhöhte am Donnerstag die Leitzinsen um 0,5 Prozentpunkte auf vier Prozent. Es war die zehnte Zinserhöhung in Folge. Die Inflationsrate liegt dort bei 10,8 Prozent. Auch die Notenbanken wollen mit ihren Zinserhöhungen verhindern, dass eine Rekordinflation in den Köpfen der Menschen haften bleibt. Je mehr die Verbraucher daran zweifeln, dass die Inflation mittelfristig wieder auf ein normales Niveau zurückkehrt, desto mehr könnten sich Preiserhöhungen psychologisch verfestigen. Unternehmen würden dann möglicherweise aufgrund ihrer Inflationserwartungen höhere Preise für ihre Produkte verlangen, und Arbeitnehmer würden wiederum höhere Löhne verlangen. Es besteht die Gefahr einer Inflationsspirale.